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Das unheimliche Pfeifen

Beitrag von datenwolf, am 12.11.2008
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Gestern passiert - Leider lang, da wichtige Vorgeschichte:

Mein Bauch macht sich akustisch bemerkbar. Er möchte mich wohl darauf hinweisen, dass ich seit dem morgen nichts vernünftiges gegessen habe und besteht auf Nachschub. "Na sicher," sage ich ihm, "deswegen bin ich ja schon früher aus der Uni abgehaut um mir daheim was Essbares zusammenzufrickeln." Ein Blick in den Kühlschrank enttäuscht aber mich und Magen: Totale Leere.

Mal sehen, es ist kurz vor 20h, eigentlich müsste die beste Mutter der Welt - zumindest aus meiner Sicht - sich gerade im Einkaufszentrum befinden. Also kurz auf dem Handy anrufen, dass sie bitte auch was für mich mit einkauft, ich schaffe das zeitlich nicht mehr, den nächsten Lebensmittel-Dealer meines Vertrauens zu erreichen. Ich hole das dann bei ihr ab, wollte eh noch bei ihr vorbeifahren, Updates einspielen (Microsoft Patchday).

Handys und alle anderen elektronischen Geräte und meine Mutter, das ist ein Kapitel für sich. Ich schätze eine Wahrscheinlichkeit von 90%, dass sie es nicht schafft abzuheben, bevor die Mailbox rangeht. Bingo! Ich lass also mein Laber-Blafasel ab und schicke sicherheitshalber noch eine SMS hinterher.

Ca. 5 Minuten später läutet mein Telefon. Unfassbar, sollte es meine Mutter tatsächlich geschafft haben, die SMS zu öffnen, oder die Mailbox abzuhören? Nein, das läutende Handy hat sie schlicht mit mir assoziiert. Und dann 5 Minuten gebraucht mich damit anzurufen.

Meinem Magen ist das mittlerweile egal, der akustische Protest wurde durch einen stillen Hungerstreik ersetzt. Nochmaliges Laberblafasel, "ich fahr schon mal zu Dir und lasse mich rein," habe ja einen Schlüssel.

Also schwing ich mich auf den Drahtesel, der Magen protestiert, dass von weiterer körperlicher Anstrenung ohne vorherige Energiezufuhr abzuraten sei. Die 2km schaffe ich noch. In der Wohnung meiner Mutter angekommen wird erst mal der Kühlschrank gestürmt, dann der Computer hochgefahren, die Updates installieren sich ja praktisch von selbst. Auf dem Herd brutzelt derweil Putengeschnetzeltes in Curry.

Während ich so mit dem Salat beschäftigt bin, höre ich meine Mutter die Treppe hoch kommen. Ich mache die Tür auf und aus dem Treppenhaus vernehme ich ein Pfeifen. Meine Mutter begrüßt mich nur mit "Mist, ich glaube ich hab 'nen Tinitus."

Das ich das Pfeifen aber auch höre beruhigt sie zunächst. Ich schließe die Tür zum Treppenhaus - und das Pfeifen bleibt. Komisch. Egal, mein Magen hat jetzt Vorrang, der Tisch ist gedeckt, jetzt ist futtern angesagt. Zu dem Zeitpunkt, an dem ich meinen Teil des toten Vogels in meinen Magen befördert und diesen damit beruhigt hatte, hörte auch das Pfeifen auf. Alles bestens!

Ich schau schnell zum Computer, meine Mutter kruscht in ihrer Tasche herum, sie hätte Fotos die sie mir unbedingt zeigen muss (bitte nicht schon wieder). Da ist dieses verdammte Pfeifen schon wieder!

Also mache ich mich auf die systematische Suche. Ich klappere alle elektrischen Geräte ab, drehe sogar den Strom in der Bude komplett weg (Windows wollte eh neu gestartet werden, da kann man es auch gleich komplett herunterfahren). Hilft alles nichts.

Irgendwann fällt mein Blick auf die Handtasche. Da wird doch wohl nicht? Doch! Ich ziehe aus der Handtasche ein erbärmlich pfeifendes Handy, das Display zeigt nur einen endlos langen Wurm: "333333333333...33333333". Und er wird ständig länger, obwohl keine Taste grdrückt ist. Plötzlich Ruhe und es kommen keine Zahlen mehr hinzu - scheinbar ist der Tastaturpuffer leergelaufen. Ich halte noch mal die '3' gedrückt. Wieder das Pfeifen, jetzt eindeutig als DTMF-Ton identifizierbar. Meine Hand schnellt gegen die Stirn.

Wie sich herausstellte führe mein Anruf kurz vor Ladenschluss dazu, dass meine Mutter panisch die Tasten auf dem Handy betätigte, die Tastensperre aber jedwede Reaktion blockierte. Irgendwie hatte sie es dann aber doch geschafft, das Handy zu entsperren, sich in den Untiefen des Einstellungsmenüs zu verfangen, die automatische Tastensperre zu de- und den DTMF-Tongenerator zu aktivieren. Nachdem das Handy wieder in die Tasche verfrachtet war wurde es zwischen Schmink-Zeug und Brillenetui eingeklemmt und nahm folgsam den einen langen Druck der '3' in seinen Tastaturpuffer auf und quittierte dies mit einem langgezogenen 3-er DTMF-Ton.



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