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Gelbe Flecken in der Druckerei

Beitrag von Yoeto, am 25.04.2006
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Vor einigen Jahren brachten wir eine CD mit mehreren Plakaten in die Druckerei, um sie dort in A0 und Farbe ausdrucken zu lassen. Die Daten mussten im Format von Micrografx Designer angeliefert werden. Aus einer düsteren Vorahnung heraus habe ich die Daten schon in allen Formaten gespeichert, die Micrografx hergab. Damit war die CD voll, denn die Plakate enthielten auch eingefügte Photos, in unserem Fall mit schönen blauen Farbverläufen.

In der Druckerei angekommen, legen wir die CD in den PC ein, der am Riesendrucker angeschlossen war (übrigens der Rechner des Chefs). Erstes Plakat geöffnet, ja, die obere Hälfte sieht gut aus. Aber was ist das? Die schönen blauen Bilder am unteren Rand haben häßliche gelbe Flecken. Na gut, Datei beschädigt, das kommt ja mal vor. Also eine der anderen Dateien geöffnet. Wieder Flecken! Auch in allen anderen Dateien! Mist!

Langsam wird mir mulmig. Und es ist auch nur die Assistentin da, der Chef ist bis heute abend auf Dienstreise und kommt nicht mehr her. Ist es möglich, dass bereits die Quelldateien kaputt waren und ich es nicht gemerkt habe? Ist mein Micrografx Designer veraltet und speichert nur Müll? In Gedanken sehe ich mich schon Corel Draw kaufen. Das zeigt in etwa, wie nervös ich war.

Also legen wir die CD in einen anderen Rechner ein. Daten nicht lesbar! Mir läuft so der eine oder andere Tropfen Schweiß über die Stirn, morgen mittag ist die Präsentation, wir müssen noch 500 km hinfahren, und ich krieg die Plakate nicht gebacken! Also den Chef der Druckerei (wir erinnern uns: noch auf Dienstreise) angerufen, der gerade aber auch keine Zeit für und keine Lust auf Ferndiagnose hat.

Mittlerweile ist Dienstende, die Assistentin will heimgehen. Mit viel Überredungskunst bringen wir sie dazu, doch noch da zu bleiben und weiter zu basteln. Aber was auch immer wir machen, die gelben Flecken bleiben auf dem einen Rechner, und auf dem anderen sind die Daten unlesbar. Mist! Noch mal heimfahren, neu brennen, wiederkommen? Das sind 40 Kilometer, und so lange kann ich die Assistentin unmöglich da behalten. Also überrede ich sie mit Engelszungen, den Chef irgendwie doch zu organisieren, denn "der weiß Bescheid". Ist ja auch sein Rechner, und überhaupt kennt er sich am besten mit der versammelten High Tech aus.

Das Problem ist nur, dass der Chef eben recht weit weg ist und es so fast zwei Stunden dauert, bis er da war. Für ihn sind das einige Überstunden, und für die Assistentin auch, die uns nicht unbeaufsichtigt lassen kann. Die Zeit vertreiben wir uns mit dem Kennenlernen verschiedener Dateiformate und der Erkenntnis, dass das CD-ROM am zweiten Rechner wohl generell keine CDs lesen wollte. Alles ganz nett, nur hilft nichts gegen die gelben Flecken. (Nun ja, doch, eine Lösung gab es: Das ganze Bild in Graustufen umwandeln.)

Zwei Stunden später: Der Chef ist da. Und er ist stinkig. Legt unsere CD ein. Schaut sich das Bild mit den gelben Flecken an. Schickt wortlos einen Druckauftrag an den A0-Drucker. (Ein Plakat in der Qualität kostet ja auch nur 30 Euro.) Gespannt wie ein Flitzebogen stehen wir am Drucker und warten auf die gelben Flecken. Stattdessen kommen unsere Plakate makellos aus der Kiste. Mein Kollege guckt wie ein Auto, mir klappt die Kinnlade herunter. Die Assistentin ist begeistert.

Und was war an der Datei nun kaputt? Gar nichts. Aber der Rechner, mit dem die Druckaufträge bearbeitet werden, hat zwischen seinem Hochleistungssiliziumherz und dem 24-Zoll-Monitor eine Grafikkarte hängen, die nicht mehr als 256 Farben hergibt. Alle weiteren Farben sind: Gelb. Und so haben wir rund zehn Arbeitsstunden auf den Kopf gehauen und sind mit dem restlichen Projekt in ernste Zeitnöte gekommen. Aber wer rechnet denn auch damit - in einer hochprofessionellen Druckerei, am Rechner des Chefs? Wir jedenfalls nicht.

Er hat sich übrigens am nächsten Tag eine neue Karte gekauft.


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