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Wohin damit?

Beitrag von orakel, am 21.11.2005
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Das Telefon klingelt und ein Kumpel ist dran. Er hat eine Spedition und fragt ob ich ihm am Freitag nachmittag helfen kann. Er muss eine grosse Maschine ausliefern, (ein Bohrwerk ca. 8 Tonnen) und fragt ob ich, und vielleicht mein großer Bruder mit anpacken können. Das geht so in Ordnung, weil ich gerne mal was schaffe und sonst nur den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitze. Mal ein paar Tonnen bewegen ist ein guter Ausgleichssport. Als gerechter Lohn für die Arbeit wird frischgezapftes Pils bis zum Umfallen ausgehandelt.

Wir sollten Freitags ab 16:00 Uhr liefern, weil wir dann mit dem LKW in die Halle fahren können, da dann nicht mehr gearbeitet wird. Wir fahren also in die Halle und laden die Maschine und das Zubehör (2 Schaltschränke & ein Werkzeugschrank) mit dem Kran ab. Der Geschäftsführer und die anderen Schlipsträger kommen vorbei, und betrachten wohlwollend ihre neue Investition. Die Schlipsträger freuen sich weil ja alles wunderbar geklappt hat, und man so am Montag schon mit der Produktion von XXX beginnen könnte.

Wir bocken die Maschine auf Hydraulikrollen auf und fragen wo das Ding denn entgültig hinsoll. Hr. Dau führt uns in einen Durchgang zwischen 2 Produktionhallen. Der Durchgang ist ca. 8 Meter breit, aber weil dort eine nicht gerade kleine Karusselldrehbank mit Zubehör drin steht, bleiben nur noch ca 5 Meter Über. Aber egal, das Bohrwerk und die Schränke passen hier auch noch rein. Und ein 2 Meter breiter Durchgang würde bleiben.

Wir keulen die Maschine und die Schränke also dorthin, Und stellen alles so auf wie Hr. Dau es uns gezeigt hat. Ein Elektriker des Herstellers ist auch schon bestellt, und fängt sofort an alles anzuschliessen. Mein Bruder und ich bestaunen den Schaltschrank in dem unter anderm auch ein 19" Rack mit drei Computern im Pizzaboxformat und ein 18" TFT-Display sind, und halten den Elektriker von der Arbeit ab weil wir dumme Fragen Stellen. Derweil lässt sich mein Freund vom Chef den Lieferschein unterschreiben.

Alle waren zufrieden, besonders Hr. Dau der bei dieser Anschaffung wohl den Hut auf hatte.

Bis er kam. Er war ein ca. 60 Jahre alter Schlosser im dreckigen Blaumann. Er sah aus wie das Urgestein der Firma, und er war es wohl auch, denn er dutzte den Chef (Hr. Dau sagte brav Sie).

Er zum Chef: "Horst, wat is' dat heh für'n Quatsch? Wie soll da Lodda da mit'm Jawelstafler durchkomm'?" [1]= Die Wichtigsten Worte in deutscher Übersetzung *g*

Gesichtszüge entgleisen, Blicke werden entsetzt in die Umgebung geworfen, Köpfe werden rot, nur der von Hr. Dau wird blass. Der Elektriker und wir versuchen krampfhaft nicht zu lachen.

Chef: "Hr. Dau, haben sie dem Produktsleiter nicht gesagt das sie die Maschine hier aufstellen wollen?!"

Hr. Dau: "Äähhh. Ich,..."

Er: "Mer hat keener wat davon verzählt. Dat Ding muss flöck russ heh, sonss jeht heh am Montach de Leferung nit eruss."

Hr. Dau: "Äähhh. Ich,..."

Mein Kumpel: "OK, auf Wiedersehen, war schön mit ihnen zusammen zu arbeiten."

Chef: "Oh, würden sie bitte noch einen Moment bleiben, wir erstatten ihnen selbstverständlich alle Kosten." Und er blickt zu Hr. Dau und denkt dabei wahrscheinlich: "und wir ziehen diese Kosten von deinem Gehalt ab."

Die große Frage ist nun, wohin mit dem Bohrwerk. Während die Schlipsträger diskutieren, machen wir uns Gedanken welcher Stundensatz für die Wartezeit wohl angemessen ist. Das Problem war das nirgendwo genug Platz um das Teil aufzustellen, und da wo Platz war, war kein Strom für die Maschine. Es wurde also entschieden, die Regale an einer Wand in der zweiten Halle abzubauen, und diese in den Durchgang zu stellen. Und die Maschine dann an der freigewordenen Wand aufzustellen.

Mein Kumpel: "Also, ich hab nur den Auftrag die Maschine zu liefern, und nicht hier den Betrieb umzubauen!"

Der Elektriker:" Ich soll dat Dingen nur anschliessen."

Er: "Horst, jib den Jungs jedem 'nen Hunni, dann packen die mit an." Blick zu uns: "oda nich?" - Wir grinsen zustimmend. - "Und wenn Du un die anderen Kärls noch mit anpackt, sinn wer her in zwei Stunde färtich."

Der Chef seuftz und beginnt mit uns zu verhandeln. Es wird dann etwas mehr als der Hunni, aber alle sind zufrieden.

Drei der fünf Schlipsträger schauen ziemlich blöd, als sie erfahren das sie jetzt Regale und deren Inhalt schleppen sollen. Aber der Chef und ein anderer alter Mitarbeiter, der sich noch daran errinnert was körperliche Arbeit ist, ziehen sich einen Kittel und Handschuhe an.

Hr. Dau und die anderen beiden schauen ensetzt! - Es war göttlich mit denen zusammen zu arbeiten. *g* Wenn man mal zu Hr. Dau sagen darf: "Nu' pack dir mal dat andere Ende, Mann! Un' dann rüber damit! Ich will hier heute noch fertig werden!" Hr. Dau guckt dann hilflos zu seinem Chef, und der brüllt bloß: " Nun schappen sie sich schon das verdammte Regal, und helfen Sie mit!" - Einfach göttlich! *eg*

Das Besäufnis nach der Plackerei wahr auch vom Feinsten. Wir hatten an diesem Abend noch sehr viel zu lachen.


[1]Für Bayern oder andere Sprachbehinderte die Kölsch nicht verstehen: da Lodda = der Lothar - Jawelstafler = Gabelstapler - flöck = schnell - russ + eruss = raus + heraus - heh = hier - scnr

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Wenn ich tausend Zungen und tausend Muender haette, eine erzene Stimme, koennte ich doch alle Erscheinungen von Bloedheit nicht anfuehren oder alle Namen, unter denen Torheit auftritt, aufzaehlen (Erasmus von Rotterdam,1509)


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