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Ruf! Mich! An!

Beitrag von Lasagnekiller, am 11.11.2005
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Schon den ganzen Vormittag versuche ich Herrn S., den Leiter der Abteilung Außenmontage, zu erreichen. Ich möchte mir die Freigabe für eine Impf- Session im Tropeninstitut holen.

Soll ich seine Sekretärin bitten, ihm meinen Rückrufwunsch mitzuteilen? Die resolute, etwas füllige Frau M. hat sicher wichtigeres zu tun!
Soll ich Herrn B., seine „Rechte Hand“ mit meinem Anliegen belästigen? Der fallweise überhebliche Herr B. hat sicher besseres zu tun!

Warum sich also nicht die Segnungen der modernen Kommunikationstechnik zunutze machen und eine E- Mail schreiben, in der ich um Rückruf bitte.

Ich gebe den Empfängernamen ein, schreibe ein kurzes „Ruf mich bitte zurück“ in die Betreff- Zeile und bewege den Mauszeiger in Richtung SENDE- Button. Ich stutze! Herr S. war drei Tage außer Haus, sein Postfach ist sicher wohlgefüllt, meine E- Mail wird vermutlich nicht so bald gelesen werden, wenn sie so klein und unscheibar im Posteingang schlummert.
Beim neuerlichen Lesen des Betreff- Textes macht es in meinem Kopf PING! Ich sehe die mitternächtlichen Anrufaufforderungen der Domina mit der Peitsche aus dem deutschen Privatfernsehen vor mir: „Ruf! [Schnalz] Mich! [Schnalz] An! [Schnalz]“. Wenn ich ein eindeutiges Bildchen mit dieser Dame meiner E- Mail beifügen würde, dann wäre das sicher die beste Möglichkeit, die Aufmerksamkeit des Herrn S. vorzeitig zu wecken und eine Riesengaudi wäre es obendrein.

Die Google- Bildersuche liefert zwar nicht genau das Bild, das ich mir vorgestellt habe, vielmehr entscheide ich mich für das Bild einer vollschlanken Frau, die blaue Seidenunterwäsche trägt und Ihr „Bäuchlein“ an eine Stange drückt, an der sie sich auch festhält (die geneigten Leser werden sich dieses, oder ein noch grausameres Bild, sicher mit Leichtigkeit vorstellen können). Die markante Aufforderung ist ebenfalls Teil dieses Bildes, das ich nun der E- Mail hinzufüge. Den Betreff- Text ändere ich in „Bitte...“. Mein fertiges Werk löst in mir einen kleinen Lachanfall aus, der auch einige Kollegen anlockt, die Live dabei sind, als ich mein Werk den begrenzten Weiten des INTRANET anvertraue. Mein Lachanfall steigert sich.

Doch halt! Was ist das? Ich habe eine E- Mail erhalten von Herrn S.! Wie kann der so schnell antworten? Warum ruft er mich nicht gleich zurück? Was schreibt er eigentlich?

Nach einigen Sekunden stellt sich heraus daß nicht er selbst, sondern sein Regelassistent geantwortet hat: „Ich bin ab 10.11.2005 wieder im Haus. Ihre E- Mail wurde an Frau M. weitergeleitet“.

Mein Lachanfall steigerte sich im ersten Moment sogar noch, als ich mir Frau M. beim Lesen der Nachricht vorstellte. Der Kontakt mit dem Volk der Außenmonteure hat sie sicher abgehärtet, aber dieses Bild will ich ihr trotzdem nicht zumuten. Ich wähle die Funktion „Nachricht zurückrufen“ und hoffe, daß das die weitergeleitete Nachricht miteinbezieht.

Die Zukunft wird es weisen, ob es geklappt hat, sprich ob mich Frau M. beim nächsten persönlichen Zusammentreffen so wie immer begrüßen wird oder ob sie die Peitsche unter dem Schreibtisch hervorholt und mir ein hämisches „Ruf! Mich! An!“ zuraunt!



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