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Wunderwelt der Haushaltsgeräte

Beitrag von mbb, am 12.07.2005
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Als ich noch ein goldgelockter Jüngling von wackerer Statur war, besuchte ich ein technisches Gymnasium, um das fürchten zu lernen. Neben zukunftsweisenden Programmiertechniken wie Q-Basic sollten wir auch SPS-Grundlagen eingebläut bekommen (SPS = Speicherprogrammierbare Steuerung, nutzt man zur Gerätesteuerung, etc). Die Geräte wurden mit einer Sprache ähnlich Assembler programmiert, weswegen die kommenden Stunden nicht wirklich anstrengend für mich werden sollten -- dachte ich.

Nach einer knappen Einführung der Befehle, des Umgangs mit der Hex-Tastatur, und unzähligen "Wäääh, das blinkt ja rot! Ich hab aber nix gemacht!"-Zusammenbrüchen diverser Mitschüler dann die erste Aufgabe: "Programmiert eine Waschmaschinen-Steuerung"
Das versprach spaßig zu werden.
Mein Banknachbar war ähnlich fit was Computer anging, also lieferten wir uns ein digitales P*mmelfechten der Superlative. Wir bauten alles ein, was man an einer Waschmaschine erwartet (div. Waschprogramme, Temperatur- und Schleudervorwahl, esoterisch blinkende Lichter, die dem Nutzer Kontrolle über das Gerät vorgaukeln sollten, etc) und auch ein paar Eastereggs, die über wilde Tastenkombinationen abrufbar waren (Kaffee-Programm -- 25 Liter Kaffee in nur 10 Minuten kochen, Schleuder-303 für den musikalischen Waschgang, und so weiter). Als uns die Ideen ausgegangen waren, waren wir -- logisch -- stolz wie Oskar und präsentierten unser Großprojekt der Lehrkraft.

Der schaute sich das ganze nicht mal an, sondern meinte uns erst mal eine Falle stellen zu müssen ([L]ehrer, [K]ollege, [I]ch):

L: "Und was ist, wenn man da die Tür im Betrieb aufmacht?"

I: "Das können Sie nicht, hier *im Code rumscrollend* wird die Tür verriegelt."

L: "Ja aber ich kann die Tür doch aufmachen!"

K: "Naja, mit Gewalt bestimmt. Aber die Verriegelung dient als Not-Aus. Wird sie nicht geschlossen oder während die Maschine läuft unterbrochen bricht das Programm mit einem Fehler ab bzw. läuft erst gar nicht an."
Während er erklärt fummelt er am Aufbau rum, um L mit den funkelnden Lämpchen zu beruhigen (was nicht klappte -- wir waren noch jung und noch nicht bastardisiert genug).

L: (sich in einen leicht hysterisch anmutenden rausch hineinhyperventilierend und dabei spuckend) "Jetzt hab ich euch! Alles besser wissen wollen und nicht wissen, wie eine Waschmaschine funktioniert! HA! Natürlich kann ich die im laufenden Betrieb öffnen! Das hab ich doch schon getestet, das Programm hält an und macht weiter, wenn die Tür wieder zu ist! Ich WEISS das!"

I: (seinen Sabber von der Stirn wischend) "Äh, wozu soll das Programm weiter ablaufen, wenn Sie das ganze Waschwasser im Raum _um_ die Maschine verteilt haben?"

L: "Da läuft nix raus! DAS HAB ICH GETESTET! Das ist auch praktisch so, da kann man noch schnell einen Teller dazu tun, wenn man den beim einräumen vergessen hat."
Das sind die Momente, da hat man das Gefühl als bekäme man einen Schlag mit einem in Blei ummantelten Gummihammer ab.

K: "Sie packen Teller in Ihre Waschmaschine?"

L: "Ja klar! Glaubt ihr ich spül mit der Hand? das geht mit der Geschirrwaschmaschine viel sparsamer!"

Nunja, als wir ihm klar gemacht hatten, dass seine Aufgabenstellung für im Geiste gesunde nicht zu verstehen war (mit wortreicher Hilfe aus der Klasse, die ohne eine Ausnahme eine Waschmaschinensteuerung gebastelt hatte). Verlangte er von uns, das Programm für eine Geschirrspülmaschine (wobei er sich weigerte das Wort zu benutzen, er beharrte auf seinem Geschirrwascher) neu zu schreiben. Ich tat es nicht, ich meldete Kopfschmerzen an und ging heim.



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