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DSL Anschluß nicht leicht gemacht

Beitrag von spheric, am 29.03.2010
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Mein Onkel ist ein intelligenter Mensch. Nur ist er mittlerweile Angehöriger der Generation 60+ und damit verständlicherweise nicht besonders computertechnisch versiert. So surfte er seit eh und je über das integrierte Modem seines Laptops, über einen seit Jahren bestehenden Call-by-Call Tarif der Telekom, natürlich mit einer steinzeitlichen Geschwindigkeit. Doch war er damit stets zufrieden.

Nun erlitt sein Computer eines Tages die oft verbreitete Bluescreen - Krankheit, so dass der Computer nicht mehr hochfuhr, noch nicht mal im abgesicherten Modus. Seine junge und sympathische Putzfrau erklärte sich gegen eine Aufwandsentschädigung bereit, das Windowssystem für ihn neu aufzusetzen. So formatierte sie die Festplatte und installierte XP Home neu. Dummerweise fehlten ihr nun die für das Notebook nötigen Treiber, die natürlich auch nicht mehr auf CD existierten. Auch online konnte sie die Treiber nicht besorgen, da noch nicht mal das integrierte Modem erkannt wurde. Ebenfalls hatte sie auch vergessen, die über 200 Emails meines Onkels zu sichern, die sich im Outlook Express Ordner befanden. So zog sie von dannen, Daten weg, keine Treiber installiert und natürlich kein Internet. An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass mein Onkel nun eine neue Putzfrau hat.

Hier komme ich ins Spiel. Ich bin kein Experte, habe mich aber schon sehr oft mit Computerproblemen beschäftigt. Mein Onkel ruft mich an und schildert mir sein Problem: „Der Computer geht nicht mehr und auch das Internet nicht“. Nun begehe ich meinen ersten Eigendau:

Ich frage meinen Onkel, ob denn am Router oder Modem irgendwelche Lampen leuchten. Mein Onkel verneint, aber ich hake nach: „Du musst doch eine Box haben, die am Telefonanschluss hängt. Nach zehnminütigem Ausfragen, in dem ich meinen Onkel zwinge, akrobatische unter-den-Tischkrabbel Aktionen durchzuführen, fällt es mir dann endlich auf: Es gibt tatsächlich immer noch Personen, die mit einem 56Kb Modem im Internet surfen.

Nun denn, ich lasse mir das Modell des Laptops geben und lade mir in weiser Voraussicht alle verfügbaren Treiber aus dem Internet. Gut vorbereitet besuche ich ihn Tags darauf und inspizierte die frische Windows Installation. Tatsächlich wurde noch überhaupt nichts eingerichtet, und da mir die von der Putzfrau gewählte Partitionierung nicht sinnvoll erscheint, beschließe ich, alles nochmal komplett neu aufzusetzen.

Nun gut, ich beginne meine Arbeit: Windows Neuinstallation, Treiber vom USB-Stick drauf gebügelt. Modem wird erkannt, läuft wieder... Da er sich, wie bereits erwähnt, vorher stets über einen uralten Call-by-Call Tarif der Telekom eingewählt hatte, dessen Zugangsdaten natürlich auch verschollen waren, installierte ich ihm Smartsurfer und er konnte wieder online gehen. Ich installierte ihm Thunderbird und konfigurierte das Programm zur Sicherheit so, dass es die Nachrichten auf dem Server belässt. Nun war er wieder glücklich. Doch die Geschichte ist noch nicht vorbei, denn jetzt kommt mein zweiter Eigendau:

Ritterlich wie ich nun mal bin, sah ich es als meine Pflicht an, meinen Onkel aus der steinzeitlichen 56 Kb Modem-Hölle in die schnelle, wunderbare DSL Welt zu retten. Doch mein Onkel lebt ganz getreu dem Motto „Never change a running... whatsoever technical device“ und ist der unbekannten „neumodischen“ Technik oft misstrauisch gegenüber, das sie ja „mehr Probleme verursache, als zu lösen“. Ganz so Unrecht hat er damit nicht, wie sie später herausstellen wird…

Nun denn, meine Argumente überzeugten ihn: Ich versicherte ihm, diese „neumodische“ Technik sei ganz einfach. Das Internet würde viel schneller werden, so dass er auch Videos gucken könne. Außerdem könne er gleichzeitig telefonieren und surfen. Und das Abrufen seiner Emails (in denen regelmäßig Fotoanhänge sind) würde nicht mehr einen ganzen Abend dauern.

So begab ich mich auf Providerjagd und stellte ihm meine persönlichen Favoriten vor. Eine zusätzliche Rechnung wollte er jedoch nicht, und beauftragte mich, einen geeigneten Vertrag beim rosa Riesen zu finden. Trotz mehrfacher Warnungen und guten Gegenargumenten meinerseits, lies er nicht davon ab: Zähneknirschend rief ich bei der rosa Hotline an. Nachdem ich erfolgreich die Warteschleifenmusik ertragen habe, erkundigte ich mich nach einem DSL Flat Tarif, den ich mir zuvor im Internet ausgesucht hatte. Die Versuche der Call-Center Agentin, mir mehrere überteuerte Tarife schmackhaft zu machen, wurden erfolgreich abgewimmelt. Nun stellte ich fest, dass bei dem ausgewählten Paket (Vertragslaufzeit 24 Monate) weder ein DSL-Modem noch ein Router mitgeliefert wurde. Auf Nachfrage bestellte ich, mein Onkel gab das O.K., einen Speedport Router für 50 Euro. Skeptisch wie ich bei der Telekom nun mal bin, fragte ich die nette Dame, ob ich denn auch einen Splitter bekomme. Ja sicher, meinte sie, der würde entweder mit dem Router oder mit den Zugangsdaten versandt. Entweder oder? Stirnrunzeln und ein ungutes Bauchgefühl meinerseits. Nun denn ich bestellte das Paket, in dem auch eine Festnetzflatrate enthalten war. Der Monatspreis inklusive DSL war weitaus günstiger als sein über 10 Jahre alter Vertrag ohne DSL, so dass ich ruhigen Gewissens sein konnte. Mir wurde ein Freischaltungsdatum genannt, der Router würde einige Tage vorher eintreffen.

Einen Tag nach der offiziellen Freischaltung rief mich mein Onkel an. Es sei alles gekommen, ein Paket und ein Brief. Na wunderbar, dachte ich mir, bin ich vielleicht doch zu vorurteilsbeladen mit dem rosa Riesen? Ich machte mich also auf den Weg dort angekommen, öffnete ich das Paket. Router, Kabel und... kein Splitter. Natürlich, ich wusste, etwas geht schief! Verärgert rief ich bei der Hotline an und wurde nach 15 Minuten Warteschleifenterror verbunden. Die Dame könne sich das auch nicht erklären. Nein sie hätten gar keinen Splitter rausgeschickt. Warum? Das wisse sie auch nicht. Da müsse ein Fehler begangen worden sein. Ich verkniff mir einige Flüche, die mir auf der Zunge lagen, denn die Dame konnte ja schließlich persönlich nichts dafür. Immerhin wurde mir gesagt, ich könne mir im nächsten T-Punkt einen Splitter abholen. Das es mittlerweile 20:30 Uhr war und der betreffende Servicestore nur bis 21:00 Uhr geöffnet hatte, sprangen mein Onkel und ich ins Auto und fuhren Bleifuß. Ich hatte alle nötigen Daten dabei: Kundennummer, Auftragsnummer, Lieferscheine, Anschlussbestätigung.... und schlenderte mit diesen Unterlagen in den Laden. „Guten Tag, mein Name ist XY, es geht um den Anschluss meines Onkels Herrn YZ, uns wurde kein Splitter geliefert, die Kundennummer ist ...“ - „Sie wollen einen Splitter?“ unterbrach mich der Herr abrupt. „Bitteschön!“, er drückte mir einen in die Hand und wandte sich dem nächsten Kunden zu. Aha, das erweckte in mir den Anschein, dass wir wohl nicht die einzigen Kunden des rosa Riesen sind, die keinen Splitter bekommen...

Zuhause angekommen machte ich mich ans Werk in großer Zuversicht, dass nun alles ganz schnell gehen würde. Mein Onkel besitzt einen separaten und uralten Anrufbeantworter, welcher noch mit diesen kleinen Kassetten arbeitet. Der steckte links in der Telefondose an der Wand, das Telefon in der Mitte. Ich verband den Splitter mit der Telefondose an der Wand, und schloss an ihm den Speedport Router sowie das Telefon und den Anrufbeantworter an. Das Telefon blieb tot, auch der angeschlossene Router meldete keine DSL Verfügbarkeit. Ich klemmte den AB ab, jedoch half das auch nichts. Ich stellte nach einigem Herumprobieren folgendes fest: Steckt man das Telefon ohne AB und ohne Splitter in die Wanddose kommt kein Freizeichen. Erst wenn der AB links zusätzlich angeschlossen wird, gibt es ein Freizeichen. Das kam mir extrem merkwürdig vor und ich vermutete ein Problem mit der Telefondose. Ich ließ den AB in der Dose und schloss dennoch Splitter und in diesem das Telefon an. Mir ist bewusst, dass man dies nicht macht, aber es war die einzige Möglichkeit, ein Freizeichen am Telefon und ein DSL Signal zu bekommen. Ich konfigurierte den Router und das Internet funktionierte. Es war schon spät und ich ging nach Hause, jedoch mit einem unguten Gefühl, dass diese Lösung nicht auf Dauer funktionieren würde.

Ein paar Tage später rief mich mein Onkel an. Ich müsse sofort kommen, er könne zwar Emails lesen, aber nicht verschicken. Ich wunderte mich, da ich mir sicher war, Thunderbird richtig eingerichtet zu haben, und besuchte ihn. Schnell stellte ich das Problem fest: die Internetverbindung brach alle paar Minuten zusammen und brauchte weitere Minuten, um sich wieder aufzubauen. Die war auch an den wilden Blinkorgien des Routers zu erkennen. Natürlich konnte mein Onkel seine Mails lesen, die lagen ja offline auf dem Computer. Das Versenden klappte natürlich nicht, wenn der Router nicht online war.

Ich rief bei der rosa Supporthotline an und schilderte den ganzen Fall, inklusive des merkwürdigen Problems mit der Telefondose und dem Anrufbeantworter. Die Telefondame behauptete aber, es müsse am Splitter oder an einem Kabel liegen. Dies glaubte ich zwar nicht, jedoch machte ich die Probe: ich hatte zur Sicherheit mein eigenes Equipment mitgebracht: Splitter, Fritzbox, Kabel, Telefon. Doch auch nun bestand das gleiche Problem: Das DSL Signal brach immer wieder ein. Ich rief erneut bei der Hotline an, in der Hoffnung einen kompetenteren Ansprechpartner zu finden. Dem zweiten Mitarbeiter versicherte ich, dass das Problem irgendwo in der Leitung oder der Telefondose an der Wand liegen müsse und es wäre somit außerhalb meines Einflussbereichs (ich bin kein Telefontechniker). Er behauptete, es gäbe eine Störung. Er würde die Leitung resetten, und einen „Langzeittest“ machen. Nach einigen Tagen würde er sich bei meinem Onkel melden und einen Techniker vorbeischicken. Meinem schon genervten Onkel erklärte ich die Situation und verkündete, dass man sich um die Angelegenheit kümmern werde. Ich beschrieb ihm die Lampen am Router und sagte ihm, dass er nur online gehen könnte, wenn eine bestimmte Lampenkombination aufleuchtet.

Zwei Wochen später rief mein Onkel wieder an (ich hatte schon ein schlechtes Gefühl, aber da er sich nicht gemeldet hatte, ging ich davon aus, dass die Telekom das Problem irgendwie gelöst hatte). Die Telekom hatte sich bei ihm nicht gemeldet. Er war nun sehr genervt und sagte mir, er müsse nun wohl endlich einen Profi mit der Sache beauftragen. Dies konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Ich bat ihn, wenigstens noch einmal vorbeizukommen, um ein letztes Mal mit der Telekom-Hotline zu sprechen. Bei ihm angekommen rief ich die Hotline ein weiteres Mal an. Ich war sauer, dass die Versprechen nicht eingehalten worden, und machte meinem Ärger so sehr Luft, dass ich mit der Technik verbunden wurde. Und endlich: Ein sehr netter und kompetenter Techniker erkannte sofort das Problem: Das DSL Signal wird an den AB und an den Splitter geleitet. So entstehen Störungen, welche dazu führen, dass das Internet immer wieder zusammen bricht. Ich erklärte ihm, dass ich den AB jedoch nicht abklemmen kann, da sonst überhaupt kein Signal mehr kommt. Er sagte, sie würden einen Techniker schicken, welcher die komplette Telefondose austauschen müsse, da diese aus irgendeinem Grund falsch eingestellt wäre. Da ich jedoch keine Lust hatte, weitere 2 Wochen zu warten, bis dann am Ende doch kein Techniker kommt, fragte ich ihn nach einer Do-It-Yourself Lösung. Die bekam ich dann auch: ich schraubte die Telefondose von der Wand und verband die Leitungen direkt mit dem Splitter, welcher nun an die Wand geschraubt wurde. Nun kam der AB ganz brav in den Splitter, wo er auch hingehört. Und siehe da: Problem gelöst, keine weiteren Störungen, mein Onkel war überglücklich.

Warum schreibe ich dies alles auf? Zunächst, um meinen Frust von der Seele zu schreiben. Wochenlanger Stress, einen Onkel, der einem indirekt Inkompetenz unterstellt, nervige Hotline-Gespräche, nicht eingehaltene Versprechen der Telekom…. Ich bin kein Experte, aber habe solche Installationen schon sehr oft gemacht. Daher war meine Frustration entsprechend hoch.

Vier Dinge sind jedoch positiv zu erwähnen: Erstens sollte ich den Spruch „Never change a running system“ viel ernster nehmen. Ich hätte einfach nur das System neu aufsetzen sollen, und mein Onkel wäre trotzdem glücklich geblieben. Zweitens habe ich einiges über Telefondosen gelernt. Es ist gut zu wissen, dass man sie abschrauben und die aus der Wand kommenden Kabel mit einem Splitter verbinden kann. Drittens werde ich nie es nie wieder als selbstverständlich ansehen, dass jemand schon im DSL Zeitalter angekommen ist. Das ohrenzerfetzende Verbindungsgeräusch eines Modems, welches ich noch aus meiner Kinderzeit kenne, hat sich als Erinnerung in mein Gehirn gebrannt und verfolgt mich seit dem immer wieder. Und Viertens weiß ich nun, dass es sich lohnt, eine Hotline immer wieder anzurufen. Es gibt sie anscheinend doch, die kompetenten Techniker, man muss nur Glück haben und sie finden!




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