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Deutsch ist nicht gleich Deutsch

Beitrag von martinitorino, am 06.09.2007
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Eines Tages kam mein Chef auf die glorreiche Idee, mich nach Deutschland auswandern zu lassen. Für ganze zwei Jahre sollte ich also in einer Zweigstelle dieser Schweizer Firma schuften was das Zeug hält.

Chef also Wohnung und Auto bereitgestellt, Aufenthaltstitel mitsamt Arbeitserlaubnis und sogar ein Bankkonto organisiert und schon kann es losgehen.

Als Schweizer bin ich der deutschen Sprache mächtig und hiesige Behörden lehren einem das Fürchten. Was ich jedoch in Deutschland erlebte war fernab einer vierten Dimension. Also mal von Anfang an:

Nach einem Jahr beschied mir das zuständige Einwohnermeldeamt dieser Kleinstadt mitten in der Pampas von NRW, das ich meinen schweizerischen Führerschein gegen einen Deutschen, sprich einen EU Führerschein eintauschen muss. Wie man weiss, ist die Schweiz kein EU Land, dennoch in Mitteleuropa zu finden und jedem Grundschüler in Deutschland ansatzweise geographisch bekannt.

Als Nicht- EU Bürger durfte ich daraufhin natürlich nicht an den zuständigen Schalter dieses Amtes sondern musste mich beim Ausländeramt melden. Klar, ich bin ja Ausländer, also nix wie hin. Am Eingang habe ich schön brav meine Nummer gezogen und ein Blick auf den entsprechenden Monitor verriet mir, dass ich lediglich etwa 120 Kandidaten vor mir hatte...

Und was für Kandidaten! Alles, was nicht niet- und nagelfest war, hat sich also in diesem Ausländeramt versammelt, und der Einzige, der wusste wie man Berlin unfallfrei buchstabiert, war ich.

Irgendwann nach unzähligen Stunden Knoblauch, Gebetsteppichen, Turbanen und nordvietnamesischen Selbstgedrehten wurde meine Nummer aufgerufen.

Ich an den Schalter, dahinter ein Prachtsexemplar deutschen Beamtentums.

Ich: Guten Tag, ich muss meinen schweizer Führeschein gegen einen Deutschen, also einen EU Führerschein tauschen.
Sie: Hmmmm....
Sie mustert also meinen Führerschein so, als wäre dieser in Timbuktu gekauft worden. Die kennen im NRW-Hinterland eben keine Schweizer!
Sie holt also einen Ordner hervor der doppelt so dick ist wie das Telefonbuch von Los Angeles und beginnt zu blättern.
Sie: Das ist kein europäischer Führerschein!

Ich: Hä? Wohl! Schweiz ist in Europa!

Sie: Nein. Laut meinen Unterlagen ist die Schweiz nicht Europa. Demzufolge benötige ich eine notariell beglaubigte Übersetzung ihres Führerscheines!

Ich: Bitte? Mein Füherschein IST auf deutsch! Desweiteren können sie sich noch 3 weitere Sprachen auswählen! Wie soll ich deutsch in deutsch übersetzen?

Sie: Moment!

Sie holt also ihren Chef. Und auch dieser blättert in dem Schinken und kommt zur Erkenntniss, dass man diesen Füherschein übersetzen muss, da die Schweiz ja nicht zu Europa gehört. Und alles was nicht zu Europa gehört, muss eben übersetzt werden!

Ich: Ich möchte mich selbstverständlich nicht über ihre Vorschriften hinwegsetzen... kann es jedoch sein, dass bei ihnen einfach nicht bedacht wurde, dass die Schweiz zwar nicht zur EU gehört, aber das man auch deren Führerscheine auf deutsch ausstellt?

Sie schickten mich also tatsächlich zu einem Notar der nichts anderes getan hat als meinen Führerschein zu kopieren, einen Stempel daraufklatschte, 135 Euro kassierte und einfach nur den Kopf schüttelte....


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