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Wenn Clerverles noch einen Drucker kaufen

Beitrag von Heinrich Dorfmann, am 16.02.2014
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Logistik bedeutet, in erster Linie Formulare auszufüllen und Papiere zu bedrucken, Transport von Waren und Gütern kommt erst an zweiter Stelle. Das ist wohl überall so, auch bei der Schlaubinger KG.

Dr. Schlaubinger, Chef und Inhaber, nutzt das Angebot eines Dienstleisters, um Formulare von A nach B zu bringen. Das Verfahren ist einfach: Der Satz Formulare wird eingescannt und per E-Mail an eine bestimmte Adresse geschickt. Um eine Zuordnung herzustellen, muß beim Einscannen die Vorgangsnummer am Scanner als Dokumentenname eingegeben werden, der Scanner sendet dann das PDF als Anhang und im Betreff den Namen des Dokuments.

Der Dienstleister liest die Mail ein und legt die Dokumente unter der Bearbeitungsnummer in einem Portal ab, alle Beteiligten können verfolgen, wo die Güter sind und welchen Status sie haben, welche Stempel auf welchen Formularen sind.

Gut, große Kombigeräte, die Drucken, Kopieren, Faxen und Scannen können, gibt es viele. Scan-To-Mail ist nun auch keine Kunst mehr, das können auch viele Geräte. Beim benutzerspezifischen Dateinamen, wird es enger. All das hat der Dienstleister vorhergesehen und gibt eine Liste von Geräten vor, die er getestet hat und mit denen es keine Probleme gibt.

Dr. Schlaubinger, ein echtes Cleverle und ausgemachter Sparfuchs, wußte es natürlich mal wieder besser. Also ruft er einen guten Bekannten an, der mit Druckern und Kopierern handelt. Na klar, auch dein Haus- und Hoflieferant hat solche Geräte im Angebot, sogar genau das, was der Dienstleister vorschreibt, zu einem angemessenen Preis. Ob es nicht etwas günstiger gehe, will Dr. Schlaubinger wissen.

Der Bekannte rechnet ein Angebot durch: "Nein, da ist am Preis kaum was zu machen. Aber ich hätte da ein anderes Gerät, das kannste eigentlich auch nehmen, das kann auch Scan-To-Mail und den Dateinamen kannste da auch eingeben, alles gut und du sparst ein paar Scheine."

Gesagt, getan, das neue waschmaschinengroße Kombimonster wurde geliefert und ich durfte es in Betrieb nehmen. Druckertreiber auf dem Server installieren, Druckerwarteschlange einrichten, dem Mail-Server sagen, daß er Mails von dieser IP-Adresse annehmen möge, Scan-To-Mail einrichten. Kennt man ja.

Alles gut, es druckt, kopiert, faxt, scannt und mailt die Dokumente. Die Mitarbeiter eingewiesen, wie sie das neue Wundergerät bedienen sollen und wie sie sich Dokumente an die eigene Mailadresse zusenden. Der externe Dienstleister wurde auch eingerichtet, die spezielle Mailadresse im Gerät hinterlegt, Test durchgeführt.

Kommt nicht an. Einstellungen geprüft, alles gut. Scan-To-Mail an die Adressen der Mitarbeiter geprüft, klappt sofort, Mail ist da, Betreff und Anhang haben den Dateinamen mit der gewünschten Bearbeitungsnummer. Wieder getestet, beim Dienstleister kommt nichts an, im Portal ist kein Dokumenteneingang zu verzeichnen.

Mail-Server-Logs geprüft, sieht alles okay aus. Noch ein Test, wieder kommt beim Dienstleister nichts an, nichts taucht im Portal auf. Hmmm, nun wird’s schwierig. Zumal Dr. Schlaubinger wieder so enge Termine gesetzt hat, daß das Gerät sofort in Betrieb gehen muss, Zeit für Tests waren nicht vorgesehen.

Die Techies beim Dienstleister angerufen, die sehen keinen Fehler bei sich, Scans von anderen Benutzern kommen an, deren Systeme laufen also fehlerfrei. Meine Scans kommen ums Verrecken nicht an.

Dr. Schlaubinger wird langsam ungeduldig. Die Techies schieben das Problem zurück auf unsere Seite. Ich sehe mir ein eingescanntes Dokument an. Sieht ganz normal aus. Ich leite es an die spezielle Adresse weiter, jetzt kommt es an und ist im Portal sichtbar. Ich bin etwas ratlos. Die Techies auf der Gegenseite sehen sich bestätigt, das Problem müsse bei uns liegen.

Dr. Schlaubinger wird echt ungeduldig, für ihn ist klar, ich hab den Scanner falsch konfiguriert. Meinen Einwand, daß der Scanner dann auch nicht an seine Leute mailen könnte, ignoriert er. Während er sich verzieht, fräse ich mich durch die Doku des Scanners. Zeit vergeht, Zeit dir Dr. Schlaubinger bezahlen muss. Keine Optionen, die falsch sein könnte. Alles, was einzustellen ist, ist richtig eingestellt.

Wieder Telefonate mit den Techies der Gegenseite. Ich kann auch mal mit dem Programmierer sprechen, er sieht genau in die Logs seiner Server, während ich wieder einen Versuch am Gerät starte.

Langsam finden wir die Lösung: Die Scanner, die seine Firma empfiehlt, verwandeln die Bearbeitungsnummer in den Dokumentennamen und setzen einen Betreff a la "4711.PDF". Das Gerät, das Dr. Schlaubinger gekauft hatte, um ein paar Hunderter zu sparen, kann das auch. Allerdings wird der Betreff immer mit so kodiert, dass er auch Umlaute enthalten könnte, auch wenn keine Umlaute sondern nur reine ASCII-Zeichen enthalten sind, also steht ein ISO-blablabla mit im Betreff der Mail. Und darauf waren sie Systeme beim Dienstleister nicht ausgelegt. Wozu auch, bei den System, die sie getestet und empfohlen hatten, tauchte das ja auch nicht auf.

Scans, die erst an das eigene Outlook gingen, dann weitergeleitet wurden, machten keine Probleme, weil Outlook erkannte, daß keine Sonderzeichen im Betreff waren und die Kodierungsinformationen beim Weiterleiten entfernte.

Ein paar Telefonate zwischen dem Dienstleister und Dr. Schlaubinger später: Der Dienstleister wird sein Portal anpassen, Dr. Schlaubinger bekommt eine Rechnung für die Anpassung des Portals an seinen Scanner. Und eine schöne Rechnung von meiner Firma. Denn der ganze Spaß dauerte.

Wer ist nun der DAU?

Dr. Schlaubinger, weil er mal wieder am falschen Ende sparen wollte?

Ich, weil ich das Problem nicht schneller erkannt habe? Ich, weil ich mich auf den Einsatz von nicht freigegebenem Gerät eingelassen habe?

Der Programmierer des Dienstleisters, weil er diesen Fall nicht bedacht hatte?



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