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Kabel verlegen auf Telekomiker-Art

Beitrag von Maverick Zero, am 23.07.2010
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Es ist Dienstag Morgen, die Familie schläft noch und ich stehe Zwecks Frühstück auf um mich dann auch bald auf den Weg zur Arbeitsstelle zu machen. Eben noch E-Mails checken – hoppla... keine Internetverbindung. Merkwürdig.
Mal schauen, was der Router spricht. „Keine Synchronisation seit 6:00 Uhr“ meldet mir das hübsche Webinterface in bunten Bildern.
Nanu, ist wohl nur eine vorübergehende Störung. Vielleicht ist das ja bis zum Mittag vorbei.

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So fängt meine kleine Geschichte an.
An sich kein großes Problem – mag man meinen. Leitungsstörungen gibt es seit Urzeiten und Bauarbeiten sollen auch vorkommen. Es sei an dieser Stelle aber angemerkt, dass wir – als technisch begeisterte Menschen – einen VOIP Telefonanschluss haben. Fällt die Internetverbindung aus, so ists natürlich auch mit dem Telefon Essig. Ganz ohne Kommunikationsmöglichkeiten ist das in der heutigen Welt schon ein wenig schwierig.

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Am späten Vormittag an eben diesem Dienstag entschloss ich mich, nachdem ich per Handy zu Hause angerufen und erfahren hatte, dass die Verbindung immer noch weg ist, eine Störungsmeldung an meinen Internetprovider 1und1 zu schicken.
Inhalt sinngemäß:
„Seit heute morgen 6:00 Uhr keine Verbindung. Synchronisation schlägt fehl. Dämpfung sehr hoch. Kabel bereits geprüft und Alternativhardware benutzt – keine Änderung.“
Kaum eine halbe Stunde später erhielt ich auch schon eine Antwort.
„Hui, das geht aber fix“ dachte ich mir. Der Inhalt der E-Mail enttäuschte leider:

„Danke für Ihre E-Mail. Wir benötigen Ihre Erlaubnis, um per Fernwartung auf Ihren Router aufzuschalten...“

Hmm... das erscheint mir nicht logisch. Es kann keine Verbindung hergestellt werden, da anscheinend etwas mit der Leitung nicht stimmt und die wollen sich über eben diese Leitung aufschalten? Na gut, Erlaubnis erteilt, aber mit dem Kommentar dass ich das für wenig zweckmäßig erachte. Auf diese Antwort meinerseits kam dann... ja, was kam denn? Es kam nichts...

Wieder zu Hause angekommen zücke ich meine Handy und rufe die Störungshotline an. „Kostenlos aus dem Netz von 1und1“ schreibt die Infobroschüre. Hmm.... auch das erscheint mir nicht logisch. Ich kann die Störungshotline kostenlos von meinem 1und1 Zugang aus anrufen, welcher aber in dem Moment, in dem ich den Bedarf habe, die Störungshotline anzurufen nicht zur Verfügung steht.

Es folgt der übliche Hotlinewahn: nach 20 Minuten Warteschleife und der ständigen Information, dass ausnahmslos alle Menschen dieser Welt, die ein Telefon bedienen können vollständig ausgelastet sind (oder so), erreiche ich einen eben dieser Menschen.
Ich schildere mein Problem, erkläre, dass ich keine Antwort mehr per E-Mail erhalten habe und dass man sich doch bitte um das Problem kümmern möchte.

Habe ich bereits alle Kabel geprüft? Jawoll, habe ich, steht in meiner E-Mail.
Geht nur das Telefon nicht oder Telefon und Internet? Beides ausgefallen, steht in meiner E-Mail.
Benutze ich die originale von 1und1 zugesandte Hardware? Ja, andere Hardware zeigt aber die gleiche Situation, steht aber auch in der... ach....
Bei der nächsten Frage wusste ich dann aber erst einmal gar nicht, was ich antworten soll.
„Benutzen Sie WLAN oder sind Sie per Kabel dran?“ Ähm... was hat denn bitte WLAN mit einer nicht zustande kommenden Synchronisation zu tun?
Nun gut, nach einigem Hin-und-Her kommen wir überein, dass die Leitung geprüft wird und ich am kommenden Tag eine SMS erhalte, wie der aktuelle Stand ist.


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Es folgt der Mittwoch.
Ein kurzer Blick am Morgen auf den hilflos vor sich daherblinkenden Router verrät mir: Keine Verbindung. Aber abwarten, man wollte mich ja benachrichtigen.
Als ich am Nachmittag nach Hause komme erhalte ich genau in dem Moment, in dem ich vom Auto aussteige eine SMS: „Sehr geehrter Kunde, Ihre Störung wurde behoben“. Noch bevor ich das Handy weglegen und mich freuen kann kommt eine weitere SMS: „Sehr geehrter Kunde, Ihre Störung wurde behoben“
Nanu nana, empfange ich schon doppelt? Wurde die Leitung zwei mal repariert? Haben die die Reparatur wieder zurückrepariert?
Noch bevor ich diesen abstrusen Gedankengang zu einem völlig absurden Ende bar jeder Logik führen konnte, zeigte mir ein Blick auf den Router, dass der Inhalt der SMS nicht der Realität entsprach: Immer noch keine Verbindung.

Also wieder ans Handy, nicht dass die denken, bei mir sei nun alles in Ordnung und es wird nichts mehr getan. Nach wieder ca 30 Minuten Warteschleife und der Info, dass es absolut niemanden auf der Welt gibt, der momentan das Telefon.... jaja... erklärt mir ein menschliches Wesen, dass die SMS aus Versehen verschickt wurden. Die 48 Stunden Bearbeitungszeit laufen noch und man suche den Fehler. Man wisse zwar noch nicht an was es liegt, aber im Laufe des nächsten Tages sollte ich per SMS Bescheid bekommen. Ich möchte mich doch bitte gedulden.


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Es folgt der Donnerstag.
Mein Router blinkt mich weiter um Sync flehend an. Ich schaffe es tatsächlich unterwegs meine E-Mails zu checken und mich überkommt ein sehr ungutes Gefühl. E-Mail von 1und1 von 1:44 Uhr nachts:
„Sie haben unseren Telefonsupport genutzt. Wir haben daher Ihre vorangehenden E-Mailanfragen geschlossen“. Die haben WAS? Wieder einmal per Handy die Hotline angerufen.
Wieder Warteschleife. Wieder die Info, dass alle Mitarbeiter im Gespräch sind und man doch später anrufen solle. Bei wichtigen Anliegen bitte dran bleiben.
Es IST wichtig!
Als ich dann endlich jemanden zu sprechen bekomme erklärt man mir, dass
durch meinen Anruf das vorhergehende Ticket geschlossen und ein neues geöffnet wurde
die Bearbeitungzeit von 48 von neuem beginnt
man den Fehler noch nicht gefunden habe aber man auch nicht wisse was, und ob bereits etwas zur lösung des Problems getan wurde.
Ich mich doch ein wenig gedulden solle, ich würde per SMS am nächsten Tag benachrichtigt.

Interessant, dass die einzigen SMS die ich erhalten habe Unsinn waren.
In Ordnung, so nicht. Diese Hinhaltetaktik mache ich nicht mit. Ich bekomme keine sinnvollen Informationen, der Zugang ist inzwischen über zwei Tage ausgefallen, kein Internet, kein Telefon, ich will mit jemandem sprechen, der mir weiterhelfen kann. Second Level bitte!
Dummerweise versteht sich dieser offensichtlich eher als De-Eskalationsmanager denn als Hilfe für den Kunden. Auch er kann mir absolut keine Informationen zum Bearbeitungsstand nennen oder erklären ob überhaupt etwas getan wurde. Nach 10 Minuten Überredungsarbeit willigt der Second Leveler endlich ein, einen Techniker vorbeizuschicken. Ich hätte es kaum für möglich gehalten, aber der Techniker ruft mich auch tatsächlich an, um einen Termin aus zu machen. Zwischen 8 und 2 oder zwischen 2 und 8... Ich will Vormittags...


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Es folgt der Freitag.
Oh es hätte ein schöner Tag werden können...
Kurz vor 2, ich bin noch in der Firma, kommt der Techniker.
Meine Freundin warnt mich per Handy vor, ich habe aber Schwierigkeiten das Ganze so recht zu glauben.

Bei meiner Ankunft zu Hause erblicke ich Folgendes:
Ein „Kabel“ - besser gesagt zwei dünne Drähte – gehen vom Verteilerkasten auf der Straße ab, hoch in die Luft und frei hängend bis hoch zu unserem Balkon im 2. OG. Dort ist eben dieses Kabel ans Balkongeländer geknotet und führt dann einmal aussen herum bis auf die Mitte des Balkons. Hier ist das Kabel wieder mit einem Knoten fixiert und führt dann durch das offene (!) Zimmerfenster im Schlafzimmer. Hier verläuft es über den Schrank und dann quer durch das Zimmer bis zur Türe. Durch die offene (!) Türe bis in den Gang, mit Reisszwecken an der Türe und Wand fixiert bis hin zu einer mitten im Gang liegenden, auseinandergebauten TAE Dose. Neben der Dose liegt unsere alte Dose, fachmännisch aus der Wand gerissen, umrahmt von einem Potpourrie aus Putz und Kabelisolierungsresten.

Meine Freundin hielt mir einen Zettel vor, den sie unterschreiben sollte.
„Telekom Servicebericht. Alle Arbeiten wurden ordnungsgemäßg ausgeführt. Kunde verlegt Kabel selbst.“ Den letzten Satz konnte meine Freundin nach 15 Minuten Diskussion mit dem Techniker streichen lassen.
Es stellte sich heraus, dass die Leitung zum Telefonverteiler im Haus nicht mehr ganz taufrisch war und die Aufschaltung der vierten Partei im Haus dann wohl zu viel war. Deswegen fiel der Reihe nach bei den anderen Parteien im Haus nacheinander die Telefonverbindung aus, was die Telekom bei jeweils durch das Ziehen einer neuen Leitung durch das Fenster löste – anstatt ein neues Kabel zur Zentrale zu ziehen. Leerrohre sind ja vorhanden. Aber ein frei liegendes Kabel, am Balkongeländer festgeknotet und durch offene Fenster und Türen gehend verlegen?
DAS soll eine ordnungsgemäße Installation darstellen? Im Ernst? Hätte er wenigstens gesagt „ich kann gerade nicht mehr machen. Hier haben Sie bis morgen eine provisorische Leitung, ich komme die Tage nochmal mit dem langen Kabel und brigne das alles in Ordnung.“ Aber nein, für den Techniker war die Sache abgeschlossen, wir sollen selbst Hobyyelektriker spielen und selbst das Kabel verlegen. O-Ton: „Schauen Sie wie ich das an den Schaltkasten geklemmt habe. Das machen Sie dann einfach genau so...“

Also wieder die Hotline angerufen – diesmal wenigstens kostenlos. Nach wieder einmal 20 Minuten Warteschleife und der Info, dass das Callcenter ausgelastet ist (ich glaube, das ist einfach eine Standardansage. Egal wann man anruft, es ist IMMER alles ausgelastet) entspannt sich in etwa folgender Dialog:

MZ: „Hallo, der Techniker war eben da und hat einfach ein neues Kabel vom Verteilerkasten durch das Zimmerfenster gelegt“
1und1: „ist das Ihr Ernst“
MZ: „Jup“
1und1: „Ok, ok, Sie brauchen gar nicht weiterreden. Das ist ja wohl die Höhe. So ein verrückter Techniker. Ich kümmere mich darum. Einen Moment bitte, ich muss da eben nur Rücksprache halten“
… …
1und1: „Danke für Ihr Warten, aber ich habe schlechte Nachrichten für Sie. Die Installation ist so laut unserer AGB in Ordnung.“
MZ: „Wie bitte? Im Ernst?“
1und1: „Ja, sehen Sie.. die Telekom ist nur noch für die Leitung bis zur Hausgrenze zuständig. Alles weitere muss der Kunde tragen. Und da die Techniker die wir beauftragen von der Telekom sind müssen wir das so weitergeben.“
MZ: „Gut, ich sehe das ein, dass man es keinem Techniker zumuten kann, beim Kunden hinter den Tischen herumzukriechen und Computer anzuschliessen, aber so etwas kann wohl kaum in den AGB abgedeckt sein. Wir können ja im Moment noch nicht einmal Türen und Fenster schliessen. Und im Gang haben wir eine riesige Stolperfalle. Nochdazu sind diese zwei Drähte wohl kaum witterungsbeständig.“
1und1: „Also, in unseren AGB steht das jedenfalls so drin. Vielleicht können Sie das ja selbst ein wenig schöner verlegen“
MZ: „Wie soll ich das machen? Dazu müsste ich diese zwei Drähte vom Verteilerkasten nehmen, eine richtiges Kabel ranklemmen und dann zur Telefonzentrale im Haus ziehen. Diese hat der Telekomier im Übrigen abgeklemmt und uns nun über den Balkon „direkt versorgt“.
1und1: „Nein nein, an den Verteilerkasten dürfen Sie nicht ran! Das darf nur die Telekom!“
MZ: „Ja, aber eben die Telekom hat das Ganze erst so verbrochen“
1und1: „In unserer AGB steht aber, dass nur bis zur Hausgrenze gearbeitet wird. Im Endeffekt hat der Techniker Ihnen noch einen Gefallen getan, die Leitung bis zu Ihnen hoch zu ziehen.“
MZ: „Dass ich Fenster und Türen nicht schliessen kann ist also ein Gefallen? Aha. Und wie soll ich das ganze nun richtig verkabeln? Die Telekom will nicht und ein normaler Elektriker bzw. ich selbst dürfen nicht.“

Das konnte mir der Hotliner dann auch nicht beantworten.

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Inzwischen war ein Fernsehteam da und hat das Kabelchaos auf Film aufgenommen. Unser Vermieter war so erfindungsreich, sich eine do-it-yourself-Lösung für das Problem auszudenken, bei der weder Telekom noch 1und1 einen Finger rühren müssen. Ist wohl auch besser so. Beim nächsten Versuch der Telekom etwas richtig zu machen kommen sonst vielleicht noch Menschen zu schaden... ;-)



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