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Das Fensterputzerinferno (Mit traurigem Ende einers guten Freundes)
Beitrag von Gimmick, am 03.12.2009
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Fensterputzer sind was wunderbares. Zweimal im Jahr -genauso wie der Weihnachtsmann (einmal als Weihnachtsmann, dann umgeschmolzen als Hase)- kommen Sie vorbei, die Reinigung geht schnell und professionell vonstatten und danach hat man wieder saubere Fenster und muss sich nicht mehr für die Fliegenreste an den Scheiben schämen. Doch dieses Jahr war etwas anders. -Denn dieses Jahr hat der Firmenchef, Inhaber und Großvater seine altruistische Seele entdeckt. Die schwierige Schulklasse seines schwierigen Enkels möchte nächstes Jahr einen Austausch in die USA machen, da es aber einige Familien gibt, die sich das nicht leisten können, kam mein Chef auf die Idee, dass er zwei Fliegen mit einer klappe schlagen könnte: erstens als Wohltäter dazustehen und zweitens saubere Fenster in der Firma zu haben. Die komplette Klasse und ein paar Eltern rückten also an einem Wochenende, um keinen Unterricht ausfallen zu lassen, an um die Fenster zu putzen. -Der Rektor ist da wohl ein bisschen kleinlich.
So weit so gut.
Szenenwechsel!
Ich -meines Zeichens Herr über eine stattliche Anzahl Server, Arbeitsplatzrechner und somit über Gedeih und Verderb dieser Firma [Muahaha!]- war an diesem Wochenende mit meiner Frau unterwegs um unseren 10-jährigen Hochzeitstag gebührend zu feiern. Die Kinder wurden bei Oma und Opa versorgt und wir wollten es uns in einem Hotel 2 Tage lang mit Theater, Sauna und Thermalbad, anschließend leckerem Essen etc. richtig gut gehen lassen. -Wollten. Just im Augenblick des ersten Eintauchen meines Fußes in das warme Wasser des Thermalbades: *Dingdong* "Herr Gimmick kommen Sie bitte zu unserem Bademeister, ein dringender Anruf für sie." Wah! -Mein erster Gedanke. "Es ist etwas mit den Kindern... oder den Großeltern... oder..."
Nein, es war mein Kollege mit dem dringenden Appell an mich in die Firma zu kommen. Sofort. So schnell wie möglich und am besten gestern. Die Apokalypse naht, bzw. war schon da. Ich hab mir die wichtigsten Informationen geben lassen und musste einsehen, dass ich wirklich hin muss.
Also los! Nach 3 Stunden Autofahrt kam ich an der Firma an, und folgendes Bild bot sich mir:
Im Serverraum: Chaos, Verwüstung. Überall war Farbe! Und Wasser! Farbe, Wasser und rausgerissene Kabel! Scheiben der Server-Racks waren zertrümmert und die dahinterliegenden Bauteile waren ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden, Hardware lag wahllos herum.
Mein danebenliegendes Arbeitszimmer: zugrundegerichtet.
Die Produktion: ausgefallen.
Der Chef: der Verzweiflung nahe.
Ich: sprachlos.
Das war passiert: Eigentlich achten wir -und unser Chef ebenfalls- sehr streng darauf, dass niemand den Serverraum betritt. -Wir putzen ihn auch selber. Er ist mehrfach gesichert. Insgesammt kommen nur eine handvoll Leute, inkl. Chef rein. Dieser hat aber seinem Enkel den Zugang zum Raum gewährt, da ja auch die zwei Mickerfenster im Raum geputzt werden müssen. Sein Enkel hatte keine Lust dazu und gab den Schlüssel und die Pin an jemand anderen weiter; nennen wir ihn Kevin.
Kevin kam sich ganz schlau vor, denn er wollte den Notausschalter der Server betätigen. Er hatte mal gehört, dass Wasser (in seinem Putzeimer) und Elektronik sich nicht gut vertragen. Malte, der sich schon immer mal einen Serverraum anschauen wollte und ein fünkchen mehr Verstand, aber dafür ein Aggressionsproblem, hatte, kam hinzu und sah was Kevin vorhatte. Er wollte es verhindern. Darüber entbrannte ein Streit, der mehrere (10) Schüler anlockte. Was folgte war eine Massenschlägerrei. In deren Verlauf auch mehrere Eimer Wasser, ein Besen und diverse Hardware(!!!) zum Einsatz kamen. Ebenfalls ein Eimer Farbe aus meinem Arbeitszimmer, das neu gestrichen werden sollte. Wer den allerdings da rausholte konnte nicht so ganz geklärt werden...
Der Schaden ist noch nicht vollständig behoben und beziffert. Der Produktionsausfall und die damit verbundenen Vertragsstrafen werden einiges nach sich ziehen und der Schüleraustausch ist erstmal bis auf weiteres gestrichen. Meine Frau -ein etwas hitziges Gemüt- war auch etwas aufgebracht, konnte aber durch den mir in Aussicht gestellten einwöchigen Sonderurlaub (bezahlt!), sobald hier alles wieder richtig läuft, beruhigt werden.
Ein Großteil der Fenster ist noch dreckig. Tiere kamen keine dabei zu schaden. Nur, mein treuer Freund "Bert", der Kaktus aus meinem Arbeitszimmer hat es nicht überlebt. Er wurde als Wurfgeschoss verwendet. Ruhe sanft, stacheliger Gefährte!


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