Bereits 10853 Beiträge!


DAS(chmuggler)

Beitrag von roadrunner, am 27.03.2009
Durchschnittliches Voting: 8.505


Wie viele von euch sicherlich wissen, ist es für Personen mit Wohnsitz außerhalb der EU möglich in Deutschland steuerfrei einzukaufen ("Export über den Ladentisch")
Das ganze funktioniert im Prinzip so: wohnt man beispielsweise in der Schweiz geht man in Deutschland in ein Geschäft, kauft etwas, lässt sich ein entsprechendes Formular geben, fährt mit der Ware zur Grenze, zeigt die Ware, die Rechnung und das Formular dem deutschen Zoll, kriegt einen Stempel drauf und verlässt das Land. So bekommt man die deutsche Mehrwertsteuer gutgeschrieben - diese kann man dann bei weiteren Käufen in diesem Geschäft anrechnen lassen oder sich per Global Refund ausbezahlen lassen (gegen eine "kleine" Gebühr), so die Theorie. Freilich muss man die Ware, übersteigt deren Wert denn die Reisefreimenge, im Bestimmungsland ordnungsgemäß verzollen - wie gesagt, theoretisch...

Das ganze funktioniert natürlich auch andersrum, ergo als Person mit EU-Wohnsitz kann man so auch in der Schweiz einkaufen (der Steuersatz ist zwar niedriger, aber immerhin). Durch den schwächelnden Schweizer Franken kann sich das u.a. bei Elektronikartikeln schonmal lohnen und dank der höheren EU-Reisefreimengen kann man da schon mal ein paar hundert Euro ausgeben.
Nun sind die Schweizer vielleicht manchmal etwas penibel, wenn es um Waren geht die in die Schweiz gebracht werden, dafür interessiert es sie so gut wie garnicht, wenn Waren ihr Land verlassen (weshalb auch).

Genug des Vorgeplänkels:
Seit des Inkrafttretens des Schengener Abkommens sind viele kleinere Grenzübergänge oftmals nur sporadisch besetzt, selbiges gilt natürlich auch für kleinere Grenzbahnhöfe, wie z.B. Schaffhausen, St. Margrethen oder Rheinfelden. Oftmals muss man die Zöllner (sowohl Deutsche wie auch Schweizer) ersteinmal suchen gehen.
So ereignete es sich an einem Grenzbahnhof zwischen der Schweiz und Deutschland vor einiger Zeit. Ein Mann mittleren Alters, beladen mit Tüten und einigen großen Paketen stand wutschnaubend vor dem unbesetzten Zollkabuff der Schweizer und brüllte nach einem Zöllner. Mir war das nicht ganz unrecht, da ich selbst etwas auszuführen hatte und so nicht selbst suchen musste. Nach einer kleinen Weile schlurfte dann ein adrett gekleideter junger Zöllner heran, der sogleich Opfer einer ziemlich deftigen Verbalattacke wurde. Der Lärm hatte auch die "weniger adrett" gekleideten Deutschen Zöllner, deren Kabuff nur einige Meter entfernt war, angelockt.
Pflichtbewusst und ruhig, wie es das Stereotyp eines Schweizer Beamten es eben vorschreibt, ignorierte der junge Zöllner alle Beschimpfungen, lies sich Rechnungen, Waren und das Formular zeigen: es handelte sich um drei(!!) sehr sehr teure Spielkonsolen, vier Mobiltelefone eines amerikanischen Herstellers der "irgendwas mit Obst" zutun hat und einigem anderen Kram - die Reisefreimenge in die EU ist auf dem Landweg irgendwo um 300€, der gesamte Warenwert hatte wohl noch eine 0 mehr vor dem Komma.
Der schweizer Zöllner sah die Menge, kratzte sich ein wenig am Kopf und stempelte das Formular ab, jedoch nicht ohne zu sagen: "Das müssen sie in Deutschland aber verzollen, das ist definitiv über der Reisefreimenge". Nun schien es dem DAS endgültig auszusetzen, er blöckte den Zöllner direkt beleidigend an, dass ihn das wohl garnichts anginge und der Deutsche Zoll das ohnehin niemals merken würde, weil die sich schließlich für solche Kinkerlizchen nicht interessieren würden (ob das der Finanziminister Steinbrück auch so sieht?). Garniert war das natürlich mit den schönsten Schimpfwörtern der schwäbischen "Sprache" und man erinnere sich: der Deutsche Zoll steht nur ein paar Meter entfernt! Wutschnaubend packte der Mann seine Sachen zusammen und setzte sich gen Bundesrepublik in Bewegung.
Gespannt, wie teuer das nun für den Mann werden würde (im besten Fall 19% Warenumsatzsteuer, im schlechtesten... jedenfalls viel Geld) schaute ich dem Treiben zu.
Nun war unser DAS zwar ziemlich dämlich, aber eben nicht dämlich genug ins scheinbar offene Messer zu laufen. Nach drei Schritten bemerkte er das hämische Grinsen der deutschen Zöllner, wurde sich seines haarsträubenden Fehlers bewusst und machte auf dem Absatz kehrt, zurück in die Schweiz.
Man erinnere sich: die Schweizer interessiert der Export eigentlich nicht, der Import dafür umsomehr - insbesondere wenn man den Zöllner 10 Sekunden zuvor noch zur Sau gemacht hat...
"Guten Tag, haben sie Waren anzumelden? - Nein, Sie *netter Mensch*, das wissen sie doch! - Dann packen Sie bitte einmal aus. [...] Oh, diese Waren sind für den Export bestimmt, das Formular ist ja auch abgestempelt und sie sagten, sie hätten nichts zu verzollen... na dann kommen Sie doch bitte einmal mit!"
Ich weiß nicht wie teuer das für den DAS wurde - meinen Zug habe ich zwar verpasst, aber das wars wert.


ACHTUNG Archivsystem!

Es sind keine neuen Einträge, Bewertungen oder Kommentare mehr möglich.